Freitag, 25. Juni 2021

Privates über Schule

Auf die Frage, warum ihre Kinder keine Waldorfschule besuchen, hat Eine von den Großen aus Instahausen geantworet, "weil sie elitäre Bildung verabscheue".

O.k.. Das saß.

Also bei mir zumindest.

Bei mir, als Mutter von mittlerweile vier Schulkindern, die große Teile ihrer Bildungszeit in sogenannten Privatschulen verbracht haben. 

Elitär fühl ich mich damit nicht. Im Gegenteil, eher ganz schön arm ... im Sinne von pleite.

Eltern und Kinder, die sich für eine private Bildungseinrichtung entscheiden, sind nicht zwingend die, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld. Vielmehr, so meine Erfahrung, sind es Kinder jener Familien, die sich im öffentlichen System nicht wiederfinden, und die dann die Schulbänke sogenannter freier Schulen füllen.

Und, da wo sich die Kinder nicht wiederfinden, tun das die Eltern mitunter auch eher schlecht.

So bei uns.

Ich selbst war meine gesamte Schullaufbahn im staatlich geförderten System mehr oder weniger gut aufgehoben. Mir ging es nicht schlecht, ich kannte aber auch nichts anderes.

Als ich Schülerin war, wurde mit nassen Tafelschwämmen auf tratschende oder unwissende Kinder geschossen. Mit Referaten wurde gedroht und Prüfungen als etwas Schlimmes "verkauft".

"Das sieht ja wohl ein Blinder mit Krückstock!", hab ich nicht nur einmal von meinem Mathelehrer gehört, für den aber auch rechnen mit Bierkisten "normal" war.

Ich lernte, dass man Angst vor komplizierten Tests und Schularbeiten hat, und, dass Einem "nix passiert", wenn man brav ist ... heut würde ichs angepasst nennen.


Das wollte ich für meine Kinder nicht.

Und das wollten meine Kinder für sich nicht.


Nach einer montessorigeprägten Volksschulzeit meines ersten Sohnes, in der Freilernen und Projektarbeiten ebenso an der Tagesordnung standen wie freiwillige Referate und wöchentliche Buchvorstorstellungen, fand ich mich selbst eines Tages - zu Semesterende - im Lehrerzimmer des öffentlichen Realgymnasiums wieder.

Ich tat das, was ich zutiefst verabscheue und von mir selbst dachte, dass ich dies niemals tun werde.

Ich feilschte um eine Deutschnote!

Von wegen Gespräch auf Augenhöhe. Ich war es, die der damaligen Deutschlehrerin, ziemlich eindrücklich klar machte, dass ich mit der Zwei als Semesternote nicht zufrieden bin, sei das Unterrichtsfach Deutsch doch das Steckenpferd meines geschichtenschreibenden Sohnes. Ihre wenig überzeugende Argumentation von einer Zwei mit Plus ( welches freilich nie in der Schulnachricht ersichtlich sein würde ) verwandelte sich nach einem dreißminütigem Gespräch mit mir als Mutter Furie in eine glatte Eins. In dem Moment, als ich den Raum verließ, wusste ich, dass wir damit auch das öffentliche Schulsystem verlassen. - dass ICH es verlasse.

Um es abzukürzen, dieses mein Kind wechselte in eine private Montessori Einrichtung für die restliche Unterstufenzeit und besucht seit der Oberstufe eine öffentliche HTL.

Meine zwei Mädchen folgten dem älteren Bruder in die Privatschule und sind mittlerweile ebenso im öffentlichen Oberstufensystem.


Um auf die Sache mit dem elitär zurückzukommen! - und so ein Ende zu finden - 

Jedes meiner Kinder musste eine umfangreiche Aufnahmeprüfung in den Pflichtfächern bestehen, um ins öffentliche System der Oberstufe einsteigen zu dürfen, Schülerinnen aus staatlichen Einrichtungen nehmen diese Hürde nicht. Kindern aus Privatschulen eilt der Ruf des "Notenkaufs" immer noch voraus, worauf ich, nach meiner Erfahrung mit der Deutschlehrerin, nur verwundert den Kopf schütteln kann.

Wir haben weder Sponsoren, noch einen Geldesel. Die Summe an Euros, die wir bislang in den Werdegang unserer Kinder gesteckt haben, hätte uns die Finanzierung eines großen Eigenheims ermöglicht. Unsere Urlaube sind überschaubar und wenig glamourös, wir haben kein Zweitauto und die Menge der Designerklamotten in unseren Ikea Schränken ist gegen Null.

Aber, es war jeden Cent wert. Jeden.


Denise






1 Kommentar:

  1. Ja so ist es. Wir haben mit Kind 5 dem Regelschulsystem den Rücken für die jüngeren Kinder zugedreht. Wir sind Waldorfs und es kostet uns viel Geld. Auch den Regelkindergarten will ich nicht mehr und weil da auch noch Bundesländer Geschichten zwischen sind, kostet mich das auch viel Geld. Meine Freundin verdreht immer ihre Augen im Kopf, wie man so viel Geld in den Wind schießen kann. Ich immer darüber, wie man so unfassbar genau auf dieses fixiert sein kann, ohne das Wohl der Seele im Blick zu haben.
    Wir sind auch so verrückt und das ist gut so.

    Alles Liebe
    Andrea - die Großfamilienmama

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